Mein Ruhm

Das Ruhmbedürfnis gehört zum Handwerk des Schriftstellers. Kunst machen zielt immer auf Ruhm. Viele Leute erreichen wollen, ... jeder soll beeinflusst werden: Künstler und Politiker sind darauf angewiesen wie Maurer auf Zement und Ärzte auf medizinisches Wissen.

Manche Leben lohnen nur berühmt und langsam. Du kannst schweigen und scheinen, je mehr du scheinst, desto mehr bist du.

Ich will nicht der Einzige sein, der mein Leben genau unter die Lupe nimmt.

Man sagt, um erfolgreich, berühmt und einflussreich zu werden (was ich zweifelslos werden will), braucht man viel Glück. Ich will mich nicht auf mein Glück verlassen. Ich will gezielt und transparent für alle, die es interessiert, an meinem Erfolg arbeiten. Ich möchte den Literaturnobelpreis bekommen und irgendwann Bundespräsident sein - übersetzt: ich möchte so viel wie möglich Anerkennung und unterscheide mich diesbezüglich nicht von anderen Menschen. Ich möchte ehrlich sein und mich nicht mit Ironie und Sarkasmus zerfasern. Ich möchte zeigen, dass man kein Glück braucht, dass es reicht, wenn man Haltung wahrt, selbstkritisch ist und offen und hartnäckig seinen Weg erfindet. Sowas wollen die Menschen sehen und deshalb werde ich Anerkennung bekommen. Alle erfolgreichen Künstler, die sagen, sie hätten eine Menge Glück gehabt, kann ich nicht ernst nehmen: sie sollten traurig sein, dass sie auf Glück angewiesen waren. - Das einzige Glück, das ich für mich akzeptieren kann ist das Glück, geboren worden zu sein, und auch dieses Glück erfüllt mich mit Scham.

Ich kann mich nicht allein unterhalten. Ich bin mir kein gutes Publikum. Deshalb möchte ich berühmt werden: um einen Grund zu haben, ein interessantes Leben zu führen. Solange man mich nicht auf der Straße erkennt, gebe ich mir nichtmal Mühe beim Kochen oder Onanieren.

Ohne Aussicht auf Ruhm würden die mittelmäßigen Künstler niemals aus sich raus kommen können. Die Hoffnung, eines Tages für sehr viele Menschen eine bedeutende Rolle zu übernehmen, könnte aus einem Eitlen einen Helden machen. Leider können nur die allerwenigsten Berühmtheiten aus ihrer banalen Eitelkeit etwas machen.
Ich könnte Applaus nur verstehen als Aufforderung, mich selbst zu überwinden. Die Bösartigkeit, mit der jedes Publikum die Damen und Herren auf der Bühne benutzt, um sich zu pushen oder zu verleugnen, motiviert mich, ALLES zu geben.

Ein gemütliches Sterben ist nur im Rampenlicht oder im Nichts denkbar.

Der Wunsch berühmt zu werden distanziert mich von meinem Schicksal. Ist das gut oder schlecht? Bin ich klüger, fester, weiter als vor 5 Jahren? Vor 10 Jahren? Vor 20 Jahren? Die Vergangenheit ist nicht so stabil wie sie scheint. Wie furchtbar, immer NUR mit sich selbst umgehen zu können... Ich schiebe mein Leben wie eine mit schwerem Kram beladene Schubkarre irgendwo hin. Und am Ende will ich MEIN Glück auch nur für mich. Mit allem was man tut will man die Banalität des eigenen Sterbens in ein rosa Tutu stecken. Ich warte auf den Moment, in dem ich mir selbst die Zunge rausstrecken kann.

Ich will aus dem selben Grund berühmt werden wie ich mit jemanden zusammen sein will. Das eine ist Ersatz für das andere. Eben erscheint es mir sehr viel erstrebenswerter, berühmt zu werden, denn als berühmte Person bin ich nicht von einer einzigen Person abhängig.

Plötzlich berühmt werden kann man nur aus Zufall oder für etwas Böses. Wem das nicht genügt, der muss mit einer Geduld ausgestattet sein, für die anscheinend die Zeit nicht mehr reicht.