Die Januar-Manie (Zweiter Teil)

1

Heute mit drei Leuten, die ich noch nicht lange kenne, zusammen Gras geraucht. Eine unheimlich tolle Verbundenheit, eine warme, offene, entspannte kleine Clique, ein großer, schöner, langhaariger Junge läuft wie ein weiser, entspannter Turm mit, ein Schutzpatron, ein Ruhepol, ich habe mich total ihn ihn verliebt. Ich spüre die Aura, die ich auf Andere ausstrahle: kurz vor meinem 30sten Geburtstag hab ich endlich eine Aura! Ein IS-Terrorist ist auf den Weg nach Deutschland, die Medien geifern, sie wollen mich paranoid machen, aber ich halte stand, ich gehe auf Abstand: "Was weiß ich, was da draußen los ist... Das was ich über die üblichen Kanäle mitbekomme... "
Ich lebe im Wohlstand, der nicht mein Verdienst ist, ich arbeite für niemanden, ich vertiefe mich nicht in Fantasiewelten, ich bin nicht spirituell und abergläubig, ich behaupte, losgelöst zu sein von einem Zwang, mich einzuordnen und abzustumpfen. Es gibt im Leben nichts Besseres zu tun als den Spaß an Verwirrung und Seltsamkeit und Nichtstun unter blauem Herbsthimmel oder sternklarstem Nachthimmel auszubreiten. Du hast Angst vor der Depression die folgen wird, du hast Angst vor deiner Nüchternheit, deiner Langeweile, deinen sozialen Inkompetenzen, deiner Lustlosigkeit, deiner tollpatschigen Verliebtheit. Du weißt, wofür Gras ein Ersatz ist. Du weißt, worauf es wirklich ankommt.

Zuhause schreibe ich eine SMS an Stefan, während eine DXM-Parade in meinem Kopf sich die Schuhe bindet: "das war wirklich eine seltsame verbindung heute. bin mir nicht bewusst was überhaupt passiert ist. hab ich irgendwas blödes gesagt oder getan? ich war ganz angetan von meiner verwirrung. zusammen macht das alles so viel mehr sinn. haben wir irgendwas ausgemacht? wollten wir irgendwas tun? lass uns verbunden bleiben wenn du magst. du hast eine sehr gute aura, ich meinte eine sehr gute sonnenblume im knopfloch..."

Das Nervige am nüchternen Zustand ist: man braucht eine Erklärung, um Leute anzulächeln. Man kann nicht einfach nur nett sein, laute Musik anhören und das Zimmer so hell und heller es noch geht ausleuchten zu ausleuchten zu leuchten. Herz ist so erregt, ich glaube, zu klug oder zu skeptisch zu sein, um wirklich eine Panikattacke zu bekommen.
Dieser manische Zustand ist absolut inkompatibel mit einer Ideologie, einem Wirtschaftssystem, einem Beziehungsideal. Ein Überschuss an Glück, an sinnlosem Glück, zerreißt mich. Warum komm ich nicht in die Klapserei? Ich bin ein Schriftsteller. Ich hacke Buchstaben. Die Angst, die dabei frei wird, bildet die Spannung der Glückseligkeit. Eine Euphorie, eine Euphorie, die die Welt zurückweist, die mich in einen torkelnden Presslufthammer an den Rand dieses Buches schleudert.

Ich weiß, dass ich mich auf der Hauptstraße meines Leben befinde. Innerhalb der ersten Wochen dieses Jahres habe ich mich in einen neuen, über das ganze Land ausgebreiteten Freundeskreis eingestöpselt; jede Woche schreibe ich mindestens zwei neue Songs; der Zufall bringt mich zu immer neuen Auftrittsmöglichkeiten; etwas kommt in Bewegung, ganz langsam, etwas rollt an, etwas formiert sich. Ich berühre den Boden meiner Zufriedenheit, ich glotze in die verrauchte Luft, gleite neben die Gespräche, die meine Freunde führen; das Zukünftige neben dem Vergangenen wissend und ein leichtes Nervenflattern kriecht durch den Körper und bringt alles in ein Schwingen, das Schwindel erregt. Ich habe mich noch nie so respektiert gefühlt. Vielleicht bin ich so weit gekommen wie noch niemand. Du weißt, was ich meine... du weißt es doch... Du weißt doch was ich meine...

Die Rolle die jeder spielt, ist eine notwendige Ablenkung von der Banalität des äußeren und der Unbestimmbarkeit des inneren Lebens. Wir kaspern um unsere Fragwürdigkeit herum. Im Grunde geht es allen doch bloß um einen kleinen, gelben Fetzen Glück. Oder welche Farbe soll dein Glück haben? Wieviel Augen soll es haben? Du bist eine Maschine und produzierst ein flammendes Bewusstsein, das von Musik und Licht zusammengedrückt wird: nur die Optimistischen wollen eine Seele erkennen.
Wir sind dazu verdammt, unsere Wahrnehmung wie ein Werkzeug zu benutzen, um unser Ich und die Außenwelt zu basteln. Alle gucken und basteln. Was sehen alle? Konflikte. Woran basteln alle? An Konflikten. Jeder will etwas anderes, jeder will das gleiche. Aufräumarbeiten. Etwas verklemmt mich. Ich will jetzt eine Panikattacke! Sofort! Denn ich werde niemals wissen, ob alle Leute im Grunde nur das selbe wollen. Ich glaube, ein guter Grund, Präsident des Landes zu werden ist der, sich mit wirklich allen Menschen zu befreunden.

Ich brauche ein bisschen Hölle und Abstieg, dort wo das Leben wirklich stattfindet: bei den Geknechteten, den Hilflosen, den Verwahrlosten, den Schmutzigen, den Verlogenen, den dummen Ausreißern, dummen Weichbirnen, saftig nur, wenn die Liebe zart und heiter flimmert über den Abendhimmel, aber was ist das für ein Ding, um das sich alles dreht? Was ist das für ein Ding? Dies ist das Zentrum unserer Karriere, unseres Lebens, dies ist die Stelle, die Stille, die Stimme, die einzig wahre Stimme meines Lebens, der ultimative Kern: die Unsicherheit zu wissen, worum es sich denn eigentlich da draußen dreht? Warum einen Finger krumm machen? Welcher Teufel soll uns reiten? Welche Lüge soll das unergründliche Szenario strukturieren?
Hinaus aus diesem neuronalen Programm, das die Menschen scheinbar miteinander verbindet! Es macht uns glauben, dass wir, um akzptiert zu werden, arbeiten müssen und uns verstellen können. Wir erfinden das Ich, weil wir die Schaltpläne der Großen Maschine in unseren Knochen haben. Ich kuschel mich an diese Worte wie an meinen Pullover. Ich bin so erregt. Wenn ich wieder nüchtern werde, steht ein kratzbürstiger, gieriger, menschenverachtender Spießer im Raum und flucht und spuckt und schämt sich für alles.
Irgendetwas benutzt dein Denken, um dich auf Kurs zu halten.

Schau, wie alles zerfällt, wie Verbindungen sich umstrukturieren, wie Alternativen durchgespielt werden, wie Dinge vorausgesagt werden, vielleicht sogar vorausgespürt werden, wenn alle Sinne geschärft sind. Wir hängen so viel mehr in der Vergangenheit als in der Zukunft: deshalb können uns die Konservativen ihre kalten Finger in den Arsch stecken.
Das Schwanken ist der Urzustand. Schade dass ich gerade alleine bin.
Der DXM-Rausch, mit Anderen geteilt, ist so ungemein sozialisierend. Man löst sich aus der Individuation, man begreift sich als Spielzeug oder Exekutive irgendeiner Idee, man schaut sich gern an und erlebt gern Dinge miteinander. Keine Einheit. Kein Ghetto. Ein Nebeneinander von Kontrasten. Freunde. Was sind Freunde? Wer sind meine Freunde? Ich habe nur oberflächliche Beziehungen, kurze Wagnisse, viel leerer, ungenutzter Raum.
Ich muss doch wissen, was hier los ist? Wer bei mir ist? Welche Eigenschaften ich wirklich garantieren kann im Anderen? Kann ich den Anderen wirklich kennen? Verdienen es meine Mitmenschen, von mir erkannt zu werden? Wie aufmerksam bin ich? Wieweit reicht meine Neugier?
Ich kann die Zukunft gestalten, es gibt keine Vergangenheit mehr. Etwas tun, etwas hinterlassen.. ist mir so fremd, so fern, ich verstehe die einfachsten Dinge nicht... ich fühle mich geerdet... denn warum tut man irgendwas? Zuallererst aus Langeweile. Man kann sich nicht einfach einen gemütlichen Garten machen und dahinleben... Es gibt Druck von allen Seiten... Man muss Essen besorgen, also Geld verdienen, also muss man für Andere arbeiten... Die Zivilisation ist ein Apperat, der die Unfähigkeit, mit Langeweile umzugehen, institutionalisiert. Irgendwann sind unsere fossilen Resourcen aufgebraucht, irgendwann zerbricht die Schere zwischen arm und reich, dann geht es ums nackte Überleben; oh es bleibt nicht mehr lange so kuschelig wie in meinem Pullover.
Das Strahlen meiner Biologie sickert in die Leere, meine Augen rollen um unzerkaute Ideen im transparenten Speisewagen im Tunnel von einer Nacht in die nächste. Ein ungeheurer innerer Rhythmus, schweifende, scharfe, galoppierende Wellen. Kein Wort gleich mehr, ich weiß was ich will, kurz vor seiner Abschaffung wird das Ich nochmal richtig aggressiv. Ich weiß nicht was ich tu, aber kann nicht ambivalent bleiben. Schüttel die Hand! Diese hier! Feste! Oh ja, so ist gut. Du hast schöne Hööööönde. Hahahahaha.

2

Sobald jemand sagt, wie entspannt er ist, hat er das Spiel kaputt gemacht.
Welches Lied gehört mir? Jakob, schau nicht so! Alles kann ich auf mich beziehen. Paranoia ist Super-Realität.

Es geht noch einen Schluck entspannter, dann liegen wir tagelang zusammen im Bett und essen Eis und rauchen Gras und schauen Fernsehen. Zur Not auch Musik und Kunst machen, aber aus unendlichen Gründen ist mir das gemeinsame Versacken total wichtig, ich liebe die Momente in denen alles selbstverständlich ist. Du bist sensibel und kreativ und schön... Du gehörst dazu! Ich liebe dich!
Was ist wichtig? Beispielsweise: wielang werd ich noch in der Wohnung bleiben? Viel wichtiger: ob man nüchtern oder berauscht leben soll..Was soll die die die die Norm sein? NORM sein! NORM NORM NORM. Was Festes. Was für Bücher. Was zum Glauben, der versetzt Neuronen.
Nüchtern stürzt man aus der Gewissheit der Vergangenheit in die Ungewissheit der Zukunft.
Mit DXM und Cannabis stürzt man aus der Ungewissheit der Vergangenheit in die Gewissheit der Zukunft.

Ich brauche ein unsichtbar am Körper angebrachtes Diktiergerät... zum unbemerkten Aufnehmen von Gesprächen... es darf nicht mehr so viel danebengehen... Meine Aufgabe als Schriftsteller bzw. Journalist bzw. luftiger Agent ist, von hier zu berichten... und immer heiter bleiben, leicht und süß, keine Angst vor Nähe, vor Fehlern, vor der Kälte von Anderen... du hast dein Licht und es soll leuchten... Oh Jakob, du musst nicht so tun, als ob du cool bist, du gehörst auch zu uns, wenn du nichts sagst, wenn du einfach so da bist.

Glücklicherweise bringt dich eine reine Cannabis-Sucht nicht ins Grab, sie ist eine stabiler, weicher, endlos verzweigter Gegenentwurf zu einem Grab. Man kann alles vertiefen, und alles verknüpfen, und dann spürst du, wie sich alles auf dich bezieht und das alles genau so wird, wie du es dir vorstellst. Eine bunt-sprudelnde Schriftsteller-Einheit, die wie ein Residents-Lied um all die Löcher flimmert, die ich in Gedanken und Schrift schon so oft gebort habe.

Der Freund von einem Freund hat mir letztens von seinen prophetischen Träumen erzählt, in dener ganz klar sieht, dass er nächstes Jahr einen Studienplatz und eine Wohnung in Weimar bekommt. (Alle sensiblen Leute wollen aus Erfurt weg und nach Weimar oder Halle oder Leipzig.) Er erklärt es damit, dass man im Traum besser die Zukunft berechnen kann. "Das gleiche trifft sicherlich auch für die Cannabis-Sache zu", stehe iich vverzerrt iim Rrewe und schaue auf den Boden, der freundlich verschwimmt, während graue, dicke, festverschnürte Morgenmenschen in schwarzen Trauben in Busse und Bahnen einmarschieren in weißem Flimmern, das mit dem Flimmern vor meinem Kopf verbunden ist. Ich rede mit dir und du schaust an mir vorbei - das ist die Zusammenfassung unserer bisherigen Beziehung, lieber Leser. 
Ich lebe seit Jahren in einem mittelmäßigen Sonntag und weiß nicht, was mich auszeichnen könnte, außer meine Zukunft. Würden die Leute nur mein Potential erkennen, meinen festen Kern, mein Ich, meine Gottesfürchtigkeit, meine Angepasstheit. Ich möchte mit allen Menschen dieser Stadt in luziden Träumen verbunden sein. Aber ich darf nicht ganz die Besinnung verlieren, in ein paar Tagen bin ich in Leipzig und passe auf die Hühner und Katzen einer Freundin auf, die in Berlin an ihrer Doktorarbeit über den kommenden Zerfall der Gesellschaft schreibt, zumindest hab ich das so verstanden. Ich mag meine Verträge mit Freunden, ich mag es Versprechungen einzuhalten für Leute die mir etwas bedeuten. Die antidepressiven und sozialisierenden Eigenschaften des Cannabis sind nicht zu unterschätzen. Deshalb wird es auch von so vielen Leuten ohne Jobs benutzt. Cannabis hilft, mich in sprudelnder Gedankenflut mit meiner Kapsel zu versöhnen, die die ereignislose Einsamkeit gebildet hat, auf die ich mich ein paar Jahre einlassen musstest, um von meinem alten Image loszukommen.
Mir fällt auf, dass diese Datei noch nicht abgespeichert ist. Der Computer könnte plötzlich ausgehen und all dies ist für immer weg.
Ich weiß, warum Depressive nicht gern schreiben: sie schämen sich, sie finden, dass sie nichts zu sagen haben, und sie können mit Kunst und Politik nichts anfangen, nicht so intensiv wie Kinder oder Psychotiker oder Psychedeliker.
Ich bin frei, weil niemand auf mich wartet, ich kann das Klima verändern... Lass dich fallen, sei aufgeregt, unendlich aufgeregt, schleudere meine Gliedmaßen um deinen glühenden Insektenkörper, du siehst aus wie der Sänger von Talk Talk, aber wie lange wollen wir in diesem Staat noch diese Rolle spielen? Noch so ein allesbedeutender Gedanke, der von giftigen Zwangsvorstellungen abgetan wird. Ich sitze auf dem warmen, schummrigen Flur und höre ruhige, kühle Musik. Jedes Lied will das Fazit deines Tages sein. Und wenn du Sinn für die Ästhetik der Widersprüche hast, passt jedes Lied; jedes Lied ist ein legitimer Kommentar zu deinem heutigen Tag. Schlagermusik würde zum Beispiel andeuten, dass du entweder wahnsinnig geworden bist und bald jemanden abschlachtest, FreeJazz würde alles zu einem strahlenden Schrotthaufen verwandeln und der Manie ein schepperndes Fest bereiten, in dem die Drohung, das bald alles wieder stumpf und kalt und trist ist, bereits mitschwimmt: wir wissen, dass der Rausch nicht ewig sein kann und genau deshalb schaffen wir Kunstwerke, so wie wir alte Holzlampen und Kopfkissen und Computer aus einem brennenden Haus retten.
Es geht gerade eine neue Terrorangst in Europa um, sogar die USA haben ihrer Bevölkerung geraten, nicht ins Ausland zu reisen. Wie drastisch. Ich fahre nach wie vor nicht gern Bahn, ob nun ein IS-Terrorist oder ein von Frau und Job angewiderter Deutscher oder ein amphetaminsüchtiger Neonazi hier sein letztes Glück versucht, spielt keine Rolle.
Wir weichen Paranoiker arbeiten in unseren unsichtbaren Jobs, subversiv auf weichen Sohlen, schief herumsitzen, das Ich ist ein schmieriger Würfel... 
Ich sollte aufstehen und wieder in die Stadt fahren. Wie findet man Freunde? Was wollen Andere von mir? Wie können Andere das Richtige von mir wollen? Wem kann ich wirklich etwas bedeuten? Fern von irgendeiner Homo-Romanze, ich meine es ganz grundsätzlich: kann man so ein amorphes, zielloses Dings wie mich überhaupt festhalten und küssen und füttern? Kann man mir vertrauen? 
Ich muss mich ein bisschen an Leute heften, die eine Idee haben, was man noch so tun könnte mit sich und seinem Gehirn und dieser trostbedürftigen Stadt ... Eine Feder fällt von der Zimmerdecke, zarte Harfenmusik kämpft mit dem Lärm, den der Computer macht, die sinnlose, drogeninduzierte Euphorie öffnet mein Herz für die Dramatik im Kern jeder Regung, für all das Komische und Tragische, mit dem sich ein Tag, eine Woche, ein Jahr, ein Jahrzehnt, ein Leben behängen kann. Es ist wirklich noch nichts garantiert.

3

Wenn meine Kunst so laut ist wie erfolgreiche Musik, dann erst stecke ich in meinem Beruf drin. Hier setzt die Panik an: welchen Grund gibt es, so oder so zu sein? Magst du dich selbst wirklich so gern, als dass du dich nicht Leuten anpassen möchtest, die du magst und die du brauchst? Sag es! Fass es an! So eng wie wir verbunden sind, können wir über alles reden. Die Manie muss so lang es geht aufrechterhalten werden. Ich muss den neuen Leuten mehr von mir erzählen... So sicher ist das gar nicht, dass sie dableiben. Aber hey, ich kann das Klima ändern. Es liegt an mir, was ich ausstrahle, ich kann laut sein und mich in brenzlige Situationen bringen, es kann mir nichts passieren, das Wichtigste kann ich nicht verlieren: meine Kreativität, meine Aggressivität, meine Verbrechernatur, meine Zärtlichkeit, meine Hippeligkeit, meine Koffeinsucht, meine Cannabis-Abhängigkeit. Mein Gehirn geht nicht einfach kaputt... Ich bin stabiler als die, die kaputt gehen... "Wie kann er das behaupten?" -> Ich bin schon kaputt und kann gar nicht noch wahnsinniger werden: ich weiß, was Halluzinationen sind, ich weiß, was Paranoia ist: überschießende Phantasie, die gebändigt werden kann von einem Klavier oder einem Buch oder einem echten Kuss. 
Wir rauchen Cannabis und öffnen unsere Gehirne und verbinden uns zu einer Einheit. Unsere individuelle Wahrnehmung und unser Denken sind nur Werkzeuge für ein großes, psychedelisches Kunstwerk. Ein Club, ein Partei-Krake, eine paranoide Gewerkschaft, wir sind übersteuerte Weberknechte. Die soziale Aufgabe der Kiffer und Schlaflosen wird sein, die leidenden Massen mit Coolness und Kreativität und Überdrehtheit zu versorgen. Meine Zweifel müssen mit aller Macht bekämpft werden, die schwarze, selbstzerstörerische Paranoia muss zurückgedrängt, aber darf bloß nicht besiegt werden. Alles muss größer werden, leuchtender, leichter, alles muss miteinander verbunden bleiben. Ich fühle mich gleich außerstande, irgendwas zu leisten. Schlaflosigkeit ist Gift... Ich kann unmöglich hier bleiben, was für ein Glück!
Wasser trinken, Brot und Gras essen, sich polstern und sich in einen psychedelischen Politiker verwandeln... Andere Verbände mit Stellungnahmen, Erklärungen und Flüchen versorgen, um die niemand gebeten hat. 
Egal, was passiert... ich werde darüber schreiben können...Mein Pullover ist kuschlig, ich habe gute Absichten, ich bin kein verkniffenes, kaltes, arrogantes Arschloch. "Aber aber aber vergiss die Coffeinum nicht. Noch vier Stück da!" rufe ich mir zu, drücke die Tabletten mit meinem zerfressenen Daumen aus der Verpackung, der Himmel über der Stadt ist schön, die Klamotten und Gesichter meiner Freunde schmeicheln mir. Ich rede Jakob ein, dass er kein Gesicht hat und dass ich die Kellnerin mit dem Stuhl erschlagen will. Wir sitzen im Zentrum der Kneipe auf einem großen, schwarzen Sofa, ein strahlendes Loch Gemütlichkeit, das Bier ist rund und klar und sauber, der Barkeeper hat auf meinen Wunsch das erste Album von Soft Cell aufgelegt. Der Gedanke, dass wir mit jedem Lied ein neues Thema anfangen sollten, dauert länger als drei Lieder, um aus meinem Mund herauszukommen und zu schauen, ob die Welt eine Verwendung hat für ihn. Er wurde schließlich mit süßem Gelächter in der Luft zerrissen. Überglücklich gehe ich aufs Klo und überlege mir, was aus diesem Buch alles werden könnte.