Ich weiß, dass es mich
nicht gibt. In jenem Körper, zu dem die Finger gehören, die diesen
Text in die Tastatur drücken, findet Selbstwahrnehmung statt. Jenes
Gehirn, zu dem dieser Körper gehört, nimmt sich selbst und die Welt
wahr. Jeden Morgen, plötzlich herausgerissen aus Träumen, behauptet
es, dass es existiert und die Welt wahrnimmt, aber es gibt keine
Person in diesem Gehirn, die das Gehirn und die Welt wahrnimmt: die
Wahrnehmung ist das Selbst. Die Wahrnehmung nimmt sich selbst wahr.
Das Gehirn ist Materie, die sich selbst wahrnimmt. Wer bin ich?
Ich weiß, dass es mich nicht gibt. Die
Materie, die sich selbst wahrnimmt, kann sich an vergangene
Ereignisse erinnern. Das Gedächtnis versetzt uns in die Lage, Zeit
wahrzunehmen. Das Gedächtnis liefert der Selbstbehauptung Substanz.
Das Gedächtnis versetzt uns in die Lage, Sprache zu benutzen. „Ich“
ist ein Wort wie „Baum“. Wenn es einen Baum gibt, muss es auch
ein Ich geben. Dieser Irrtum führte zum Glaube an eine Seele oder an
Persönlichkeit. Das Ich ist nur ein Wort. Wer bin ich?
Wer stellt sich die Frage, wer ich bin?
Wer behauptet, dass es mich nicht gibt?
Was ist mit der Frage gemeint? Die Frage besteht aus Worten. Jede
Frage besteht aus Worten. „Du bist Demien.“ „Du bist eine
Krankenschwester.“ „Du bist depressiv.“ Nein nein nein. Was hat
der Name, der Beruf, eine Laune mit dem Gehirn und dem Körper zu
tun? Was genau benennt man mit einem Namen? Wieviel Prozent des
Körpers stecken in einem Beruf? Such dich, such dich! Du wirst dich
nicht finden, weil es dich gar nicht gibt... Das Ich ist nur ein
Gedanke, ein Wort, an das sich die Materie erinnert, die zur
Selbstwahrnehmung und Weltwahrnehmung fähig ist. Die Komplexität
der Materie brachte Wahrnehmung und Erinnerung und Sprache hervor.
Wer bin ich?
Es gibt mich nicht, deshalb kann ich
kein Schriftsteller sein, deshalb kann ich weder links noch rechts
sein, kann nicht depressiv, nicht glücklich, nicht böse oder sanft
sein, nicht ehrlich und authentisch, nicht falsch und ironisch sein;
es gibt keine feste Instanz im Organismus, die von der Geburt bis zum
Tod gleich bliebe, es gibt keine selbstverantwortliche Materie, die
für Gedanken und Wünsche verantwortlich gemacht werden kann: man
kann nicht mit dem Finger auf den Mörder zeigen: was an seinem
Körper ist ein Mörder und was nicht? Was genau soll bestraft
werden? Die Erinnerungsfähigkeit des Mörders? Seine Fähigkeit,
Lust und Schmerz zu empfinden? Seine Stimme? Seine Schulbildung?
Seine Eltern? Seine Schwäche? Was soll bestraft werden?
Es gibt mich nicht. Es gibt ein Gehirn,
in dem Erinnerung an Sprache stattfindet. Der Körper denkt.
Vergangenheit und Zukunft, Erinnerung und Phantasie: diese Worte
existieren. Eine Lebensform auf einem Planeten entwickelt
Sprachsysteme. Ich nehme mich wahr. Wer bin ich?
"Wer bin ich?" läuft auf die Frage hinaus, welche Eigenschaften jenes Gehirn hat,
das gerade jene Finger kontrolliert, die die Tastatur drücken, um Worte in
die Welt zu bringen, die verstanden werden können? Auf welche
Eigenschaften ist Verlass? Welche Eigenschaften haben sich im Laufe
des Lebens derart breitgetreten, dass der Eindruck entstanden ist,
eine Persönlichkeit, ein Ich hätte sich entwickelt?
Es gibt mich nicht. Es gibt dich nicht. Ich bin immer jemand anderes, es gibt keinen stabilen Beobachter in mir und in dir. Du kannst mich nicht falsch einschätzen, weil es weder dich noch mich gibt, weil es also niemanden gibt, der einschätzen und niemanden, der eingeschätzt werden kann. Worauf ist Verlass? Was bezeichnet man mit einem Namen? Was ist die Persönlichkeit? Was anders als ein Wort, ein Hirngespinst? Selbstsicherheit ist nur möglich, wenn man sich einem Hirngespinst unterwirft.
Es gibt ihn nicht. Seine Stimme und sein Gesicht ändern sich häufiger als seine Klamotten und Marotten, flimmernd schwebt er durch die Küche, rote Lampions schaukeln über seinem Kopf, das Boot treibt sorglos im Sturm, er ist wohlig warm eingepackt, sein Gesicht ist ernst und er klettert aus dem Text.
-----
Der Sturz in die Leere der Welt erscheint als Flucht. Hier siehst du, dass dein Ich nur ein Werkzeug war, um dich auf Kurs einer fertigen Welt zu halten, die du einfach nicht wollen kannst. Die Distanz zwischen dir und der Außenwelt vergrößernd, indem du dich vollkommen nach innen kehrst, mischst du die Karten deines Lebens neu. Das Ich war nur das Taxi, das dich auf diesen Abweg gebracht hat. Sind deine Instinkte reif genug, dich aus dem Taxi herauszutrauen? Mit der Bejahung dieser Frage beschäftigt, kann ich dich erstmal in die Nacht schicken.
Es gibt mich nicht. Es gibt dich nicht. Ich bin immer jemand anderes, es gibt keinen stabilen Beobachter in mir und in dir. Du kannst mich nicht falsch einschätzen, weil es weder dich noch mich gibt, weil es also niemanden gibt, der einschätzen und niemanden, der eingeschätzt werden kann. Worauf ist Verlass? Was bezeichnet man mit einem Namen? Was ist die Persönlichkeit? Was anders als ein Wort, ein Hirngespinst? Selbstsicherheit ist nur möglich, wenn man sich einem Hirngespinst unterwirft.
Es gibt ihn nicht. Seine Stimme und sein Gesicht ändern sich häufiger als seine Klamotten und Marotten, flimmernd schwebt er durch die Küche, rote Lampions schaukeln über seinem Kopf, das Boot treibt sorglos im Sturm, er ist wohlig warm eingepackt, sein Gesicht ist ernst und er klettert aus dem Text.
-----
Der Sturz in die Leere der Welt erscheint als Flucht. Hier siehst du, dass dein Ich nur ein Werkzeug war, um dich auf Kurs einer fertigen Welt zu halten, die du einfach nicht wollen kannst. Die Distanz zwischen dir und der Außenwelt vergrößernd, indem du dich vollkommen nach innen kehrst, mischst du die Karten deines Lebens neu. Das Ich war nur das Taxi, das dich auf diesen Abweg gebracht hat. Sind deine Instinkte reif genug, dich aus dem Taxi herauszutrauen? Mit der Bejahung dieser Frage beschäftigt, kann ich dich erstmal in die Nacht schicken.